Motivation

In allen Bereichen unseres täglichen Lebens spielt Motivation eine zentrale Rolle und beeinflusst maßgeblich unsere Handlungen, Ziele und Erfolge. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Motivation ist ein komplexes psychologisches Phänomen, das sich auf den inneren Antrieb und die Energie bezieht, die uns dazu antreibt, bestimmte Ziele zu verfolgen und unser Verhalten entsprechend auszurichten. Es ist der Schlüssel zur Leistungsfähigkeit, zur Überwindung von Herausforderungen und zur Erreichung persönlicher Ziele.

Unsere aktuelle Motivation ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Motiven (Vorlieben, Interessen, Bedürfnisse) und Umweltreizen (z. B. Arbeitsbedingungen). Motivation ist daher kein starrer Zustand, den man hat oder nicht. Wenn uns unsere Motive bewusst sind, lässt sie sich durch die Anpassung der Umwelt steigern. Ein umfassendes Verständnis erfordert daher eine Betrachtung sowohl individueller als auch sozialer und organisatorischer Aspekte.

Selbstbestimmungstheorie

Seit Jahrzehnten arbeiten Wissenschaftler/innen verschiedener Fachdisziplinen daran, die Natur der Motivation zu verstehen. Dabei sind verschiedene Theorien entstanden, die uns helfen, das Phänomen besser zu erfassen und zu erklären. Eine der bekanntesten Theorien ist die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan. Sie postulieren drei angeborene Bedürfnisse des Menschen:

  • Autonomie
  • Kompetenzerleben
  • soziale Eingebundenheit

Wenn diese Bedürfnisse erfüllt sind, erleben wir ein hohes Maß an intrinsischer Motivation, bei der unsere Handlungen aus unserem eigenen Interesse und Vergnügen heraus entstehen.

Eine starke intrinsische Motivation ist der Schlüssel zum Erfolg und zur persönlichen Erfüllung. Indem wir diese fördern, unsere Ziele klar definieren und uns von Rückschlägen nicht entmutigen lassen, können wir unsere Energie und Ausdauer aufrechterhalten, um Hindernisse zu überwinden und unsere Träume zu verwirklichen.

Flow

Ebenfalls von großer Bedeutung für die Motivationspsychologie (und die Positive Psychologie) ist das Phänomen des Flows. Dieser psychologische Zustand wurde erstmals von Mihaly Csikszentmihalyi beschrieben und beschreibt das Gefühl völliger Vertiefung und Hingabe in eine Tätigkeit, bei der Zeit und Raum in den Hintergrund treten und das Bewusstsein vollständig in der Gegenwart aufgeht. Flow kann in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, sei es bei der Arbeit, im Sport, beim kreativen Schaffen oder in alltäglichen Hobbys. Der Flow-Zustand tritt auf, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

  • Passung zwischen Fähigkeit & Anforderung (siehe Abbildung links)
  • Präzise Zielformulierungen (ggf. mit Teilzielen)
  • Direktes, informatives Feedback
  • Klare Handlungsstrukturen

Um den Flow-Zustand zu erreichen, ist es wichtig, dass die Herausforderungen nicht zu gering sind (Bereich III), um Langeweile zu vermeiden, aber auch nicht zu hoch (Bereich II), um Frustration und Angst zu verhindern. Um den Flow-Zustand zu erleben müssen die eigenen Fähigkeiten und die Anforderungen der Tätigkeit im Gleichgewicht sein (Bereich I und IV).

Während des Flows, erlebt man ein Gefühl von Kontrolle und Erfüllung, das einhergeht mit einer erhöhten Kreativität und einem gesteigerten Fokus auf das jeweilige Tun. In diesem Zustand verschmelzen Handlung und Bewusstsein miteinander, sodass man förmlich eins wird mit der Tätigkeit. Die positiven Emotionen, die mit Flow einhergehen, steigern das allgemeine Wohlbefinden und können zu einem tieferen Sinngefühl führen.

Flow kann helfen die Produktivität zu steigern und die Motivation für Aufgaben zu erhöhen. Indem eigene Fähigkeiten gezielt verbessert werden (z. B. durch Erfolge oder Weiterbildungen), können größere Herausforderungen angegangen werden ohne den Flow-Kanal zu verlassen. Insgesamt ist der Flow-Zustand ein wertvolles Konzept, um das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Durch bewusstes Streben danach, sich in den verschiedenen Lebensbereichen dem Flow hinzugeben, kann man eine tiefere Erfüllung und Zufriedenheit im Leben erfahren.

Motivation im Anwendungskontext

Eine hohe Motivation entfaltet positive Auswirkungen sowohl in beruflichen als auch in pädagogischen Kontexten. Im beruflichen Umfeld steigert Motivation die Arbeitsleistung und Produktivität der Mitarbeiter/innen. Motivierte Teams fördern Innovation und Zusammenarbeit, was zu effizienteren Arbeitsprozessen führt. Mitarbeiter/innen, die ihre Arbeit als sinnvoll und erfüllend empfinden, sind zudem weniger anfällig für Burnout und tragen zu einem positiven Betriebsklima bei. Im Bildungsbereich führt motiviertes Lernen zu einer Verbesserung der Leistung, des Sozialverhaltens und des Wohlbefindens. Schüler/innen, die intrinsisch motiviert sind, zeigen erhöhtes Interesse, Engagement und besseres Verständnis für die Lerninhalte.

Entscheidend ist, dass die Höhe unserer Motivation durch Veränderungen unserer Umwelt (z. B. Gestaltung des Arbeitsplatzes, Didaktik und Methodik im Unterricht) aktiv beeinflusst werden kann.

Beruf: Im Großraumbüro

Nehmen wir an, eine Grafikdesignerin arbeitet in einem überfüllten und lauten Büro. Aufgrund von häufigen Telefonanrufen und durch laute Gespräche wird sie abgelenkt, der Computer ist veraltet und reagiert langsam, was sie frustriert. Aufgaben sind unklar definiert und von ihrem Vorgesetzten erhält sie nur sporadisches Feedback auf ihre Arbeit. Der Flow-Zustand bleibt unerreichbar.

Durch eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes kann Flow ermöglicht werden: Rückzugsräume für intensive Arbeitsphasen werden geschaffen und ein leistungsfähiger Computer mit professioneller Software zur Verfügung gestellt. Aufgaben und Ziele für Designprojekte werden klar definiert und die Mitarbeiterin erhält regelmäßig konstruktives Feedback von Mitarbeitenden und Vorgesetzten.

Pädagogik: Im Geschichtsunterricht

Stellen wir uns für, eine Lehrperson hält einen Vortrag über ein historisches Ereignis, präsentiert Fakten und Daten ohne Interaktion mit den Schüler/innen. Die Lehrperson bestimmt den gesamten Unterrichtsverlauf und lässt den Schüler/innen wenig Raum für Entscheidungen und einen Austausch. Die Schüler/innen fühlen sich passiv und sind am behandelten Thema wenig interessiert.

Um die Motivation im Sinne der Selbstbestimmungstheorie zu fördern, könnte die Lehrperson gemeinsam mit den Schüler/innen offene Fragen zum historischen Ereignis stellen. In Gruppen (soziale Eingebundenheit) können die Schüler/innen selbstständig recherchieren, um Antworten auf die Fragen zu finden (Autonomie). Die Lehrperson agiert als Moderator und steht für Unterstützung und Anleitung zur Verfügung. Ergebnisse können von den Schüler/innen präsentiert werden und in einer offenen Diskussion verschiedene Perspektiven und Meinungen ausgetauscht werden (Kompetenzerleben). Dieser Ansatz könnte das Interesse der Schüler am historischen Thema steigern und ihre Motivation für den Geschichtsunterricht stärken.

Literaturempfehlungen

  • Brohm, M. (2012). Motivation lernen: Das Trainingsprogramm für die Schule. Weinheim: Beltz Verlag.
  • Csikszentmihalyi, M. (2017). Flow. Das Geheimnis des Glücks (10. Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Deci, E. & Ryan, R. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39 (2), 223–238.
  • Heckhausen, J. & Heckhausen H. (2018). Motivation und Handeln (5., überarbeitete und erweiterte Auflage). Berlin: Springer.
  • Ryan, R. & Deci, E. (2018). Self-Determination Theory: Basic Psychological Needs in Motivation, Development, and Wellness. New York: Guilford Press.